Stellen Sie sich vor, Sie werden mit verbundenen Augen an einen Ihnen bis dato völlig unbekannten Ort gebracht. Und dann sollen Sie schnellst möglich den Weg zurück zum Ausgangspunkt finden. So eine Aufgabe lösen Menschen üblicherweise, wenn sie mitten in einer militärischen Spezialausbildung stecken. Wobei sie maximal einen Kompass zur Orientierung nutzen dürfen. Einer Brieftaube gelingt dies ohne Kompass und Elitekämpfertraining: Die längste Strecke, die so ein Tierchen erwiesenermaßen zum heimischen Schlag zurückgelegt hat, soll 180 Kilometer betragen haben.
Katzen navigieren mit akustischer Landkarte
Als legendär gilt auch der Orientierungssinn von Katzen. Fast jeder kennt so eine Geschichte: Die Familie zieht samt Hauskatze an einen anderen Ort. Das Tierchen verschwindet. Wochen später melden sich die Ex-Nachbarn – den umtriebigen Kater Mischa hat es an seine alte Wirkungsstätte gezogen. Als gesichert gilt, dass Katzen aus bis zu zwölf Kilometer Entfernung wieder nach Hause finden. Nach bisherigem Stand der Forschung basiert der Orientierungssinn von felis silvestris catus, so die lateinische Bezeichnung, auf gespeicherten Sinneseindrücken von Bildern und Tönen. Das Läuten der Kirchturmglocken zum Beispiel dient der Katze also gewissermaßen als akustisches Landschaftsmerkmal.
Experten gehen zudem davon aus, dass sich Katzen den Sonnenstand rund um ihr Heimatrevier zu unterschiedlichen Tageszeiten merken. Befinden sich die Tiere dann an einem anderen Ort, setzen sie den gemerkten zum aktuellen Sonnenstand in Bezug. Für diese Annahmen spricht, dass Katzen mit regelmäßigem Ausgang über einen stärker ausgeprägten Orientierungssinn verfügen, als reine Stubentiger. Die Freigänger können mehr Sinneseindrücke sammeln und besitzen somit mehr Referenzdaten für die Navigation.
Meeresschildkröten besitzen eingebautes GPS
Katzen orientieren sich nach menschlichem Ermessen in einem überschaubaren Radius. Doch wie findet man sich ohne technische Hilfsmittel in einem Ozean zurecht? Meeresschildkröten wissen auf ihren Wanderungen durch die Weltmeere offenbar stets, wo sie sich gerade befinden. Wissenschaftler der Universität von North Carolina haben herausgefunden, dass Meeresschildkröten selbst feinste Unterschiede im irdischen Magnetfeld erkennen können.
Bereits bekannt war, dass junge Unechte Karettschildkröten (ja, die heißen wirklich so) auf ihren Wanderungen von der Karibik in den Nordatlantik und zurück ihre Nord-Süd-Position an der Lage des magnetischen Feldes erkennen können. Nur wie gelang es den Tieren, ihre Position in Ost-West-Richtung zu bestimmen? Die Forscher stellten fest, dass Meeresschildkröten ihren Magnetsinn sowohl für die Breiten- als auch Längeninformation nutzen und so sicher im Ozean navigieren können. Das ist praktisch, denn fast alle Regionen entlang der Wanderroute zeichnen sich durch eine einzigartige Kombination von Steilheit der Feldlinien und Intensität aus.
Ganz sicher sollten wir für die Zukunft der Navigation also von Tieren lernen. Bleiben noch ein paar nebensächliche Fragen: Vertragen sich Katzen und Tauben in einer Abteilung? Und wo bringen wir die Meeresschildkröten unter?