(Von Thomas Schneider) Klaus Nagel ist Doktor der Mathematik und arbeitet seit vielen Jahren ehrenamtlich in der Volkssternwarte München. Gerne betrachtet er die ISS durch das Teleskop – deren Form man in Einzelheiten erkennen kann.
Herr Nagel, wann haben Sie das erste Mal ein GPS-Gerät benutzt?
Ich habe mein erstes GPS-Gerät 1995 bekommen. Es hat damals noch etwa 800 Mark gekostet. Es hatte ein kleines Bild und war verglichen mit den heutigen Geräten sehr langsam. Trotzdem habe ich es eingesetzt, vor allem beim Segeln war es sehr nützlich.
Wie funktioniert die Navigation mit Hilfe von Satelliten?
Die GPS-Satelliten senden auf einer bestimmten Frequenz eine Nachricht, die ihre Position angibt und die von den Geräten empfangen und eingeloggt wird. Anhand dieser Daten wird die Abweichung zur Position des Satelliten bestimmt. Im Grunde genommen läuft es darauf hinaus, dass man die Unterschiede der Entfernung zu unterschiedlichen Satelliten vorliegen hat.
Dieses Verfahren kam auf ähnliche Weise bereits früher in der Seefahrt beim Funknavigationssystem LORAN (Long Range Navigation) zum Einsatz. Zur Veranschaulichung kann man sich dieses so vorstellen: Man stellte drei Langwellensender auf, die sehr genau synchronisiert waren und Nachrichten abschickten, die von den Schiffen, je nachdem wo sie sich befanden, mit kleinen Zeitunterschieden empfangen wurden. Dadurch, dass man die Lichtgeschwindigkeit, in welcher sich die Radiowellen bewegen, in die Berechnung einbezieht, kann man den Ort bestimmen. Die Differenzen in der Empfangszeit liegen dabei im Millisekunden-Bereich.
Funktioniert die Satellitengestützte Navigation eigentlich nur mit Bezug auf die Erde oder kann man damit auch im Weltraum navigieren?
Das funktioniert auch im Weltraum. Astronauten nutzen diese auch in der Praxis, um dort zu navigieren. Die Navigation müsste dort sogar noch etwas genauer funktionieren, da man auf der Erde noch die Störungen durch die Ionosphäre hat, die veränderlich ist, je nach Sonnenaktivitäten, Luftdruck und anderen Faktoren, welche die Laufzeit des Lichtes beeinflussen.
Kann dann starke Bewölkung, zum Beispiel, die Messung negativ beeinflussen?
Nein. Die Wetterverhältnisse beeinflussen die Messung ja nur auf den untersten Kilometern. Die Ungenauigkeiten, die sich durch die Veränderlichkeit der Ionosphäre ergeben, versucht man dadurch zu kompensieren, dass man auf zwei verschiedenen Wellenlängen arbeitet.
Unter Wasser funktioniert die Navigation per Satellit jedoch nicht, da die Wellen zu stark gedämpft werden. In Gebäuden funktioniert es auch nicht gut. Auch gibt es in engen Straßenschluchten manchmal Reflexe, die dazu führen, dass man nicht nur das direkte Signal empfängt, das vom Satelliten kommt, sondern auch noch Signale, die von den Hauswänden gebrochen werden und damit das Ergebnis stören.
Können GPS-Satelliten eigentlich überlastet werden, wenn zu viele GPS-Geräte im Einsatz sind?
Nein. Die Satelliten senden nur ihre Signale aus und können, wie ein Radio- oder Fernsehsender auch, beliebig viele Empfänger bedienen.
Ist es denkbar, dass in der Erdumlaufbahn irgendwann nicht mehr genug Platz für weitere Satelliten ist?
Es gibt schon Engpässe. Aber in dieser Höhe ist es nicht so schlimm. Es gibt ja nur etwa 29 aktive GPS-Satelliten, die auf eine Fläche verteilt sind, die bedeutend größer ist als die Erdoberfläche. Aber in den unteren Bahnen gibt es schon Probleme, vor ein paar Jahren gab es ja schon mal einen Zusammenstoß zwischen Satelliten über Russland.
Es fliegen ja nicht nur die Nutzsatelliten, sondern auch Schrott herum – Raketenteile zum Beispiel: Wir stellen hier ja auch Beobachtungen von Satelliten an und verfolgen sie mit unseren Teleskopen: Insbesondere die ISS beobachten wir, weil man auf der Einzelheiten erkennen kann. Und wenn ich im Internet Daten hole, um Bahnen zu berechnen, dann bekomme ich ungefähr 15.000 Satellitenwerte angezeigt – und das sind nur die größten. Ab und zu muss die ISS sogar ausweichen, um nicht mit Teilen zusammen zu stoßen. Selbst wenn da nur eine kleine Schraube mit 5 km/s herumfliegt, durchschlägt sie alles.
Herr Nagel, vielen Dank für das Gespräch!
Zum Autor:
Thomas Schneider ist Literaturwissenschaftler und arbeitet in einer Münchner PR-Agentur. Er hat kein Auto, kein Boot, kein Flugzeug und spielt nicht Golf. Trotzdem hat er sich vorsorglich bereits ein Navigationsgerät und eine GPS-Uhr gekauft.