Markus Golletz ist passionierter Motorradfahrer und diplomierter Sozialwissenschaftler. Seine Leidenschaft für Bike-Touren machte er als freier Journalist zum Beruf: Auf seiner Seite motorradreisefuehrer.de berichtet er über seine Reisen, testet Ausrüstung und gibt Empfehlungen zu Dingen, die nützlich für unterwegs sind. Markus Golletz ist auch Buchautor und schreibt für die Motorpresse im deutschsprachigen Raum.
Herr Golletz, seit wann nutzen Sie GPS-Geräte?
Ich bin schon seit der Anfangszeit dabei: Seit etwa zwölf Jahren fahre ich mit Navigationsgerät. Mein erstes Navigationsgerät für das Motorrad war ein Garmin GPS V. In der Pionierzeit der GPS-Navigation war so ein Gerät schon eine wundersame Sache. Auch wenn es damals noch so einige Macken hatte: Es hatte ein kleines schwarz-weiß Display und ein wuchtiges Gehäuse, manchmal gab es Batterieprobleme und am Anfang stand nur wenig Kartenmaterial zur Verfügung. Bei den vorherigen Modellen wurde dem Biker gar nicht der Weg, sondern nur die eigene Position angezeigt. Die neuen Orientierungsmöglichkeiten waren schnell sehr hilfreich und änderten Fahrstil sowie die Tour-Vorbereitung. Vor allem für Entdeckungen auf Nebenstrecken bewährte sich das Gerät.
Gab es Momente, in denen sie (noch) kein Navi hatten und dieses besonders nützlich gewesen wäre?
Da gab es tausende Situationen. Häufig hat man sich einfach verfahren und die ganze Gruppe musste umdrehen. Oder man konnte keine Tankstelle finden. Konkret erinnere ich mich, wie wir einmal einen sehr schönen Tag länger am Gardasee verbracht haben, um dann am nächsten Tag eine berüchtigte 1.000 km-Etappe mit den Motorrädern nach Köln zur IFMA 1996 vor uns hatten. Nachts um drei Uhr kochten wir uns Espresso auf einer Autobahnraststätte und dann irrten wir ziemlich erschöpft noch eine Stunde in Köln herum. Da hätten wir einiges für ein Navi gegeben.
Ist Ihnen eine Tour in Erinnerung geblieben, bei der Sie besonders froh um Ihr Navi waren?
Ja, vor allem in schwierigem Gelände oder in nicht gut erschlossenen Gebieten wie offroad auf dem Ligurischen Grenzkamm zwischen Italien und Frankreich. Da kann das Navi eine echte Orientierungshilfe sein. Auch bei Nacht und Regen ist das Navi sehr nützlich. Man kann bei Dunkelheit Papierkarten auf dem Motorrad einfach nicht mehr gut betrachten oder muss sie im Regen umständlich auf- und zufalten, bis sie nur noch ein Knäuel sind. Jetzt ist es viel praktischer, einfach einen Blick auf das helle Display zu werfen. Früher bei Touren mit der Gruppe mussten häufiger alle anhalten und sich besprechen oder man musste Leute nach dem Weg fragen. Und wenn man Strecken von 2.000 bis 3.000 Kilometern fahren wollte, hätte man theoretisch einen halben Koffer voller Karten mitnehmen müssen. Damals war eine genauere Planung im Vorfeld nötig. Heute kann man auch spontan gezielt schöne Strecken fahren, das Kartenstudium ist aber trotzdem anzuraten.
Gibt es unter Motorradfahrern eigentlich Puristen, die das Navi ablehnen und sich lieber auf althergebrachte Weise orientieren?
Nicht wirklich. In den letzten zehn bis zwölf Jahren haben sich Navis schon sehr etabliert. Vor allem seitdem sie günstiger geworden sind. Mein erstes Navi hat zum Beispiel noch knapp 900 Euro gekostet. Eigentlich gibt es gegenüber den Navis keine Vorbehalte von Seiten der Motorradfahrer. Es ist sogar die absolute Ausnahme geworden, Touren ganz ohne GPS zu fahren.
Verlassen Sie sich ganz und gar auf das Navi oder greifen Sie noch auf die Straßenkarte in Papierform zurück?
Bei der Grobplanung am Abend vor der Tour greife ich noch gerne auf die Generalkarte zurück. Um ein großes Gebiet zu überblicken und um eine erste Orientierung zu erhalten, möchte ich die gute alte Karte nicht missen.
Auch nutze ich die automatischen Funktionen des Navis selten in vollem Umfang. Ich lasse das Navi nicht die vollständige Route berechnen, sondern setze Wegpunkte als Zwischenziele, um Einfluss auf das Routing zu nehmen. Dieses Maß an Freiheit möchte ich mir dann doch bewahren. Für mich ist das Navi bei selektiver Nutzung ein sehr gutes Assistenzsystem – ich möchte nicht alle Arbeit abgenommen bekommen.
Glauben Sie, dass man durch die Nutzung des Navis verlernen kann, sich mit Hilfe von Karten und Wegweisern zu orientieren?
Ich habe festgestellt, dass die permanente Nutzung von Navis den natürlichen Orientierungssinn etwas abschwächt. Wenn man zum Beispiel LKW-Fahrer nach dem Weg fragt, können viele diesen nicht mehr beschreiben, weil sie ‚ferngesteuert‘ unterwegs sind und sich voll auf die Navigation verlassen. Man verlernt auch etwas.
Welche Features an Navigationsgeräten schätzen Sie besonders und welche würden Sie sich wünschen?
Besonders gut finde ich, dass man sich eigene Sonderziele anzeigen lassen kann. Auch wäre die Zeit nun reif für eine Anbindung der Navis an das Internet. Und es wäre interessant eine Sprachsteuerung für die Zieleingabe in die Firmware zu integrieren.
Macht GPS das Leben leichter, Herr Golletz?
Ja, das ist ein Satz, den ich auf jeden Fall unterschreiben kann. Mit Navi-Unterstützung hat man viel mehr Zeit für das Wesentliche beim Motorradfahren: Entspannt Land und Leute und natürlich die Tour zu genießen. Die Vorstellung wieder ohne Navi unterwegs zu sein, wäre ein echter Komfortverlust.