Anfang Februar 2015 bricht Nicole Dörr aus Huben im Priental zu einem extremen Abenteuer auf: Sie nimmt am „Yukon Arctic Ultra“ teil. Der YAU findet im Yukon Territory (Nord-Kanada) statt und gilt wegen seiner Länge und Temperaturen bis zu –50° C als härtester Ultralauf der Welt. Bereits 2013 ging die 46-jährige über die 300 Meilen-Strecke an den Start und erreichte über diese Distanz als eine von nur zwei Athleten das Ziel. 2015 startet sie über 430 Meilen – fast 700 Kilometer – und hat dafür 13 Tage nonstop Zeit. Mit im Gepäck: ein Garmin eTrex 30.
Die insgesamt etwa 80 Teilnehmer können zwischen vier Strecken wählen: Marathon, 100, 300 oder 430 Meilen. Außerdem müssen sie sich entscheiden, ob sie mit Langlaufski, per Mountain Bike oder zu Fuß unterwegs sind (bzw. mit Schneeschuhen bei Neuschnee). Nicole Dörr läuft – wie schon 2013. Damals nahm sie über die 300 Meilen teil und erreichte das Ziel: als erste Frau, als Zweite in der Gesamtwertung und als letzte in der Gesamtwertung. Denn über die 300 Meilen kamen insgesamt nur zwei Teilnehmer an, der Schweizer Othmar Flepp und sie.
Doch um Platzierungen geht es der Chiemgauerin absolut nicht. Sie sagt: „Ich glaube sogar, dass ich 2013 das Ziel genau deshalb erreicht habe, weil ich das Ganze eben nicht als Wettkampf betrachtet habe. Wer vom Ehrgeiz getrieben wird, macht viel eher einen kleinen Fehler, der ärgerliche Folgen haben kann. Ich sehe das Ganze als ein großes Outdoor-Abenteuer. Das Naturerlebnis, die Einsamkeit und das Erforschen der eigenen Grenzen machen das Ganze zu einer einzigartigen Erfahrung.“
Die enorme Distanz und die Eiseskälte fürchtet Nicole Dörr kaum: „700 Kilometer sind zwar unvorstellbar lang ist. Aber ob es zu lang ist, weiß man erst, wenn man es mal probiert hat. Man muss halt langsam genug laufen. Und vor der Kälte kann ich mich schützen. Ich verfüge von 2013 sowie unseren Wintertouren nach Grönland oder Nordskandinavien über eine solide Erfahrung. Ich habe exzellente Ausrüstung und ich kann auch damit umgehen. Vor zwei Jahren bereitete mir der Schlafmangel große Sorgen, denn ich brauche viel Schlaf. Aber das ging mit knapp fünf Stunden pro Tag dann doch erstaunlich gut.“ Der Begegnung mit wilden Tieren sieht sie zwiespältig entgegen: „Bären sollten Winterschlaf halten. Und mal einen Wolf zu sehen, davon träume ich schon seit langem. Nur bitte nicht gleich ein ganzes Rudel und lieber nicht in der Nacht…“
Auf den Spuren des Hundeschlittenrennens Yukon Quest
Die Route des YAU folgt dem Yukon Quest von Whitehorse nach Dawson. Das legendäre Schlittenhunderennen durch die eisige Kälte und Einsamkeit Nordkanadas startet genau einen Tag vor dem YAU. Dank der Hunde und der Motorschlitten entsteht im Schnee ein relativ fester Trail – wenn er nicht gerade von Neuschnee oder Schneeverwehungen wieder zugedeckt wird oder durch warme Temperaturen aufweicht. Im Abstand von 30 bis 130 Meilen müssen die Extremsportler Checkpoints anlaufen. Dort gibt es heißes Wasser und auch eine Mahlzeit.
Dennoch muss jeder seine komplette Ausrüstung – einschließlich Essen für mindestens 48 Stunden – selbst mitnehmen. Insgesamt wird Nicole Dörr eine Last von 20 bis 25 kg in einem Pulka hinter sich herziehen, einem wannenförmigen Zugschlitten. Zur Pflichtausrüstung gehört auch ein kleiner Sender, der alle zehn Minuten via Satellit die GPS-Position des Athleten sendet. Für den Veranstalter bedeutet dies ein großes Plus an Sicherheit. Für alle, die daheim vor dem PC sitzen, ermöglicht er das Live Tracking.
Die Navigation ist theoretisch einfach. Alle 50 bis 70 Meter steckt ein Marker im Schnee. Allerdings werden diese farbigen, reflektierenden Stangen auch manchmal von einem Snowmobile oder Hundeschlitten über den Haufen gefahren, so dass man gut achtgeben muss. Ein GPS-Handgerät hat Nicole Dörr dennoch dabei: „Das bietet ein großes Plus an Sicherheit, denn damit weiß ich genau, wo ich bin und kann auch den nächsten Checkpoint ansteuern, falls die Marker mal komplett fehlen. Außerdem ist das GPS für die Psyche Gold wert. Wenn man nachts so vor sich hin stapft, meint man mal manchmal, dass man auf der Stelle tritt. Wenn ich dann mal das GPS anmache, sehe ich voller Freude: ja, schon wieder ein Stück weiter!“
Nicole Dörr hat sich wie schon 2013 für das Garmin eTrex 30 entschieden: „Es klein, leicht, zuverlässig, kann Karten darstellen und hat einen sehr niedrigen Batterieverbrauch.“ Das Gerät betreibt sie mit Lithiumbatterien, weil diese das beste Verhältnis von Gewicht zu Leistung bieten und auch bei großer Kälte funktionieren. Auch das eTrex will vor Kälte geschützt werden und kommt in eine Tasche nah am Körper, eingepackt in eine wasserdichte Plastiktüte, damit es nicht der Schwitzfeuchtigkeit ausgesetzt ist.
Traktorreifenziehen als Training
Nicole Dörr bringt nicht nur solide Erfahrung in Sachen Kälte mit, sondern auch als Sportlerin. Sie erreichte nicht nur beim YAU 2013 das Ziel, sondern gleich vier mal beim Transalpine Run – in acht Tagen über die Alpen – und schaffte auch schon 100 km nonstop im Gebirge.
Beruflich steht sie dem Sport und der Natur ebenfalls nah und zeigt auch hier Mut: Sie gab ihre Stelle im Einkauf bei der deutschen Niederlassung einer schwedischen Sportbekleidungsmarke auf und folgte ihren Träumen. Seit Oktober studiert sie in Innsbruck Atmosphärenwissenschaften, eine Studienfach, das alles andere als ein akademisches Zuckerschlecken ist.
Für den YAU hat sie zusätzlich ein spezielles Training absolviert: „Von unserem Nachbarn habe ich mir einen alten Vorderreifen vom Bulldog geliehen und damit das Ziehen trainiert. Ich muss zugeben, man kommt sich schon etwas seltsam vor, wenn man einen Traktorreifen durch den Wald zieht. Ich war meistens im Dunklen unterwegs. Da trifft man wenigstens keine Wanderer, die einen für deppert halten. Gott sei Dank ist jetzt Schnee gefallen. Da gehen wir abends lieber mit dem Rodel auf die Priener Hütte und haben dann noch Gaudi bei der Abfahrt.“
Perfekt vorbereitet und voller Vorfreude macht sich Dörr am 4. Februar 2015 auf die Reise nach Kanada: „Ich liebe die Natur, ich liebe Ausdauersport und ich finde es faszinierend, mich an etwas zu messen, von dem ich nicht weiß, ob ich es überhaupt schaffen kann.“ Eine bestimmte Platzierung strebt sie nicht an. Das große Ziel heißt: Das Erlebnis genießen und gesund und gut gelaunt ankommen!
Der Yukon Arctic Ultra 2015 startet am 8. Februar 2015 um 10:30 Uhr Ortszeit im kanadischen Whitehorse (= 19.30 Uhr MEZ). Mehr Informationen und Live Tracking auf www.arcticultra.de.