Einige würde den Einkauf vor einem Feiertag als Extremsport bezeichnen. Herantasten an die mentalen Leistungsgrenzen sozusagen, wenn der Supermarkt vor Menschen überquillt und die Regale leer sind. Mag sein, dass ein außergewöhnliches Pensum an Kassenwartezeit gewisse Züge des Extremen aufweist. Doch mangelt es geringfügig am sportlichen Aspekt, dem Riskanten, der Leistung am menschlichen Limit, um von wirklichem Extremsport zu sprechen.
Echten Extremsport liefert der Thüringer Guido Kunze. Immer wieder erregt er mit seinen kuriosen und außergewöhnlichen Projekten Aufmerksamkeit: Erfolgreiche Teilnahmen am Badwater Ultramarathon (217km, 2600hm, Temperaturen bis zu 50°C) und dem Race Across America, einem Fahrradrennen über 5000km in 12 Tagen vom Pazifik zum Atlantik. Kunze fuhr die gesamte Strecke der Tour de France ohne Unterbrechung auf dem Rennrad. Er nahm am Marathon in Istanbul teil – nachdem er von Essen im Ruhrgebiet mit dem Rad nonstop in die türkische Metropole fuhr. Zuletzt hat er auf der Chinesischen Mauer 1000km mit dem Mountainbike und in Laufschuhen zurückgelegt.
Mit dem Fahrrad auf den höchsten Vulkan der Erde
Dass Entfernungen kein Problem für den Thüringer sind, steht außer Frage. Guido Kunze versucht sich nun an der Vertikalen. Sein nächstes Projekt führt ihn zum Ojos del Salado, dem höchsten Berg Chiles. Ziel ist es, in drei Tagen mit dem Fahrrad bis auf 6.500 Meter Höhe zu fahren und damit den bisherigen Weltrekord von 6.085 Metern zu brechen.
Der Weltrekordversuch findet an der Grenze zwischen Argentinien und Chile statt. Der Ojos del Salado ist der höchste Vulkan der Erde und liegt am Rand der Atacama-Wüste. Die Region zählt zu den trockensten der Welt und ist selten von Schnee oder Eis bedeckt. Eine Landschaft aus kargem Gestein, Schotter und Sand wartet auf den Abenteurer. Temperaturschwankungen von 30 Grad sind keine Seltenheit und die Luft in dieser Höhe ist sehr dünn. Kunze fährt durch die „Todeszone der Bergsteiger“. Das ist der Bereich, indem sich der Körper ohne spezielle Akklimatisierung nicht mehr regenerieren kann. Die Route für den Aufstieg ist von Kartographie-Spezialisten der TU Dresden gründlich ausgearbeitet worden.
Nichts wird dem Zufall überlassen
In einem Steinbruch hat Kunze die steilen Anstiege von bis zu 30 Prozent und das Fahren auf porös steinigem Untergrund trainiert. Um sich an die sauerstoffarme Luft zu gewöhnen, hat er ein monate-langes Höhentraining mit Hilfe von Wissenschaftlern der Universität Leipzig absolviert und nachts in einem speziellen Unterdruckzelt geschlafen.
Sein Rad ist eigens für den Rekordversuch konstruiert: 16kg, 18 Gänge und extrem dicke Reifen, die wegen des Außendrucks mit lediglich 0,5bar gefüllt sind. Die Gangschaltung ist schmutz-unempfindlich und wartungsfrei. Wegen des feinen Sandes auf dem Weg zum Gipfel wäre ein normaler Kettenantrieb sehr störungsanfällig. Aus diesem Grund wird Kunzes Rad von einem Riemen angetrieben.
Seit dem 30. September ist Kunze mit seiner Familie und seinem Team in Chile. Damit hat er zwei Wochen Zeit, um sich an Klima und Höhe zu gewöhnen. Zur Akklimatisierung geht es jeden Tag einige hundert Meter höher, bis am letzten Tag auf 5.300m Höhe übernachtet wird. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich Guido Kunze bereits 500m höher als der Gipfel des Mont Blanc. Dokumentiert wird der Weltrekordversuch mit einer Helmkamera, einem Kamerateam und einer Drohne für Luftaufnahmen. Am 14. Oktober startet der dreitägige Weltrekordversuch in Bahía Inglesa am Pazifikstrand.
Update -14.10.2014-
Aktuelle Bilder von Guidos Weltrekordversuch
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